Zuhause sein im Leben

Ein Artikel von Angela Gangl

Einleitung

Ich sitze da, gedankenfrei, atme in meinen Bauch. Das Gefühl von Zufriedenheit steigt aus der Mitte meines Bauches hoch, als würde es Kontakt mit dem Gehirn aufnehmen. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. Einfach da sein, so wie ich bin, mit dem was ich habe, um das zu machen, was ich gerne tue und was für mich Sinn ergibt.

Das symbolisiert für mich zuhause sein im Leben.

Als Aufstellungsleiterin komme ich mit vielen Menschen, einzeln und in der Gruppe, in Berührung. Wenn Menschen in den Raum kommen und sich wohlwollend angenommen und geborgen fühlen, dann tut sich etwas in ihrer Seele auf. Es ist, „als ob das Kind im Mensch sich wieder zu bewegen beginnt“, es darf sich zeigen.

Das ist einer der Gründe, warum ich meiner Berufung nachgehe. Es berührt mich immer wieder, dieses Kind im Menschen zu sehen.

Ob wir das Familienaufstellung nennen oder anders, spielt überhaupt keine Rolle. Es geht um einen würdevollen, liebevollen Raum. Im Zusammensein in diesem Raum entstehen wundervolle, heilende Begegnungen. Solche energetischen Räume sind nicht auf Seminarhäuser beschränkt. Sie können genauso gut am Arbeitsplatz oder daheim in der Familie entstehen. Und ich glaube, dass wir uns überall wo wir sind, nach diesem zuhause sein sehnen.

Wenn das Zuhause, in dem man seine ersten Lebensjahre verbracht hat, in eine Unordnung geraten ist, dann wird man in sich selbst und in seinem Umfeld diese Unordnung wieder finden.

Der Weg zur Ordnung, ins eigene Zuhause braucht unterstützende Menschen und Seelen-Räume, Geduld und Disziplin, um das Erfahrene in sein Leben hinein zu weben. Und jeder ist davon betroffen. Aber nur wenigen Menschen sind diese Ordnungen bewusst.

In meiner Arbeit mit Menschen sehe ich, wie notwendig und hilfreich es ist, die Wirkkraft und Ordnungen der Familie zu kennen und in Frieden damit zu sein. Deshalb, und weil ich es liebe zu schreiben, habe ich mich entschlossen, Artikeln zu verschiedensten Lebensthemen zu verfassen. Es sind immer auch Fallbeispiele dabei, die dir dabei helfen können, das für dich Wesentliche zu erkennen. Mögen diese Artikel ein wohlwollender Reisebegleiter für dich sein, der dich in die Weite deines Herzens führt. Lass die Worte auf dich wirken, erfühle ihre Bedeutung und beobachte deine innere Welt. Vielleicht lösen sie eine neue Bewegung in dir aus.

In diesem ersten Artikel geht es um das Feld der Familie und darum, Zusammenhänge zu erkennen, die uns unser Leben in Form von Schicksalen und Situationen zeigt. Ich wünsche dir viel Freude beim Lesen.

Alles hatte einmal seinen Anfang

Es ist oft leichter, Fremde zu lieben, als jene Menschen, die uns das Leben geschenkt haben. Und wer beginnt, sich mit sich selbst auseinander zu setzen, sich näher kennenzulernen, der fängt meist irgendwo anders an, als bei seinem eigenen Ursprung.

Viele wählen zuerst Umwege, weil das Einfache, das Nahe so schwierig oder aussichtslos erscheint. Die Wurzel hat eine Tiefe, eine Kraft in sich, die uns noch nicht ganz bewusst ist. Wenn wir da ansetzen, kann die Kraft in uns vieles bewegen und uns mit uns selbst verbinden. Denn wo sonst sollten wir beginnen, als da, wo alles seinen Anfang hatte – in unserer Familie?

Warum wächst Sandra in so einem geborgenen Umfeld auf und ich nicht? Die Nachbarin hat einen Unfall und verunglückt dabei, ihr Sohn nimmt sich zwei Jahre später das Leben. Der Vater einer Freundin stirbt, sie fühlt sich seitdem sehr schlecht und lebt nach ihrer Aussage nicht mehr ihr Leben. Bianca schafft es nicht, eine harmonische Beziehung zu leben. Ihre Eltern und Großeltern sind geschieden. Hat das alles etwas miteinander zu tun?

Die Kraft der Wurzel, deine Menschlichkeit in dein Herz nehmen.

Wir kommen über unsere Familie, unsere Ahnen auf die Erde. Wir werden durch das, was die Familie lebt, sei es kulturell oder religiös, mit ihren ganz individuellen Werten vertraut gemacht. Unser Leben beginnt genau da, wo die Familie ist, mit all dem, was sie sich aufgebaut hat, auch mit all den Schicksalen und Wunden. All das ist im Kreis der Familie gespeichert. Alles Schöne, aber auch alles weniger Schöne, das die Familie erlebt hat, hat eine besondere Wirkung auf uns.

Alles Erlebte und Ungelöste möchte sich zeigen, um gesehen zu werden, immer und immer wieder, und auch, um in Verbindung mit allen Familienmitgliedern zu gehen. Das, was in uns negative Gefühle auslöst, wollen wir oft nur weg haben, und am liebsten so schnell wie möglich. Es ist oft sehr schwer für uns, die Vergangenheit gut zu heißen. Wir fühlen Widerstand, unangenehme Kindheitserfahrungen in unser Herz zu nehmen und aus ihnen wichtige Hinweise für unseren weiteren Weg oder für wichtige Entscheidungen zu lesen.

Die Nicht-Akzeptanz all dessen kann sich gegen dich richten. Du bist mit der Familie über ein Feld unmittelbar verbunden. Diese Verbindung kannst du niemals durchtrennen, so sehr du das vielleicht auch möchtest. Wenn du deine Vergangenheit ablehnst, so lehnst du auch deine Zukunft ab. Lehnst du deine Eltern ab, so lehnst du dich selbst ab, da es keine Trennung gibt. Willst du nicht so werden wie deine Eltern, bist du schon auf dem besten Weg dort hin. Du kannst dir die Familie wie einen großen Körper vorstellen, wie eine Kraft, die zusammen gehört, die auch der Heilung bedarf.

Oft fühlen wir uns genau da sehr fremd, wo es eigentlich heimelig sein sollte und leben in Spannungen zueinander.

Das Feld zeigt uns, was da liegt und geht in die Verbindung.

Die Verbindung ist der wesentliche Punkt für die Heilung. Wenn wir es schaffen, das Vergangene zu akzeptieren, es als Erfahrung in uns aufzunehmen und es als etwas Großes zu achten, das uns widerfahren ist, dann geschieht Heilung. Umarmen wir den Schmerz der in uns wohnt, verzeihen wir uns unsere Menschlichkeit und dass wir Fehler machen und versuchen wir jene Menschen, die uns verletzt haben, als Begleiter zu sehen die uns dabei unterstützen das Dunkle in uns zu sehen. Dann kann die Kraft fließen – von hinten, den Ahnen, nach vorne zu uns, und du kannst sie weiter geben.

Wir verhalten uns so, als würden wir mit einem Rucksack herumlaufen, der voll ist mit den Geschichten aus der Vergangenheit. Dieser Rucksack hat eine ganz bestimmte Ausstrahlung, und er zieht das an, was in uns noch nicht geheilt ist. Wir projizieren unser Verletztsein meist auf andere. Aber wie wäre es, wenn wir frei davon wären, wenn wir den Rucksack als wunderbaren Schatz sehen könnten? Ziemlich sicher würden wir völlig anders kommunizieren und liebevoller miteinander umgehen, wenn wir die anderen nicht mehr als schuldig betrachten, sondern als Lehrer die mir helfen, meine Verletzungen zu sehen. Wir würden nicht mehr alles so persönlich nehmen. Das wäre das Ende des Opferdaseins, denn es gäbe dann nur noch Schöpfer. Alles, was in deinem Leben momentan nicht funktioniert, kann dir etwas Neues eröffnen, einen neuen Bewusstseinsschritt ermöglichen. Freu dich auf ihn und umarme ihn. Beginne jetzt.

Im nächsten Artikel erfährst du, wie Geistiges Familienstellen in der Gruppe und als Einzelarbeit genau funktioniert. Welche starke, heilende Wirkung so eine Aufstellung haben kann erzählt eine ehemalige Teilnehmerin in ihrem sehr persönlichen Erfahrungsbericht. Und möglicherweise siehst du deine Eltern nach dem Lesen des nächsten Artikels mit ganz anderen Augen.


Lass dich überraschen!

In Liebe,

Angela